Es ist kein Geheimnis, dass KI in vielen Branchen hohe Wellen schlägt. Architektur stellt da keine Ausnahme dar. Generative Tools wie Midjourney haben für Designer und Architekten in den Fokus gerückt wie groß ihr Potential ist, den Prozes der Entwicklung sowie der Gestaltung von Räumen zu revolutionieren.
Aber welche Rolle spielt KI aktuell in der Architektur? Wie integriert die Branche die Technologie in ihre Arbeitsabläufe? Und welches Potenzial misst sie ihr bei? Wird die Umstellung auf KI eher zögerlich oder eher eifrig betrieben?
Um das herauszufinden, hat Chaos erneut gemeinsam mit Architizer 1.227 Architekturexperten befragt. Dabei wollten wir ermitteln, wie KI aktuell in der Architektur-Praxis eingesetzt wird. Es ging also zum Beispiel um die Frage, wie stark KI von der Konzeption bis zur Fertigstellung in den Designprozess eingebunden ist und welche allgemeineren Auswirkungen die Technologie auf den Berufsstand hat.
Die Erkenntnisse dienen Architekten, Designern, Ingenieuren und anderen Stakeholdern als Richtschnur für die Erkundung der Komplexitäten und Chancen von KI in der Architektur. Ganz gleich, ob Sie sich intensiv mit der Integration von Technologie beschäftigen oder nur interessiert beobachten, welche Richtung die Branche einschlägt: Dieser Bericht bietet eine umfassende Übersicht über die neue Rolle der KI in der Architektur.
Dieser zeitgemäße Bericht bietet faszinierende Einblicke in die sich schnell entwickelnde Denkweise von Architekten im Zeitalter der KI. Um relevant zu bleiben - und die kreative Kontrolle über ihre Arbeit zu behalten - tauchen viele Design-Profis in die KI ein, und ihre Experimentierfreudigkeit macht sie zu den idealen Erforschern dieser neuen technologischen Landschaft.
Paul Keskeys, Herausgeber und Chefredakteur, Architizer
Wer hat an der Umfrage teilgenommen?
Die Umfrage hat ein großes Spektrum an Unternehmen und Experten in den Blick genommen. Die meisten Befragten (63 %) waren dabei in einem Unternehmen mit höchstens 20 Mitarbeitern tätig. Mit rund einem Drittel aller Teilnehmer waren die USA am stärksten repräsentiert. Die Mehrheit der Befragten verteilte sich auf weltweit 100 Länder.
77 % der Befragten arbeiteten in Architekturbüros, aber auch Experten für Innenraumgestaltung oder Stadtplanung waren gut vertreten. In einem geringeren Ausmaß nahmen auch Ingenieure und Landschaftsarchitekten teil.
Zurzeit nutzen rund 46 % der Teilnehmer KI-Tools für ihre Projekte. Weitere 24 % planen den zukünftigen Einsatz dieser Tools.
Wichtigste Ergebnisse
Nach der Betrachtung der Frage, wie intensiv und in welchen Anwendungsbereichen KI aktuell genutzt wird und welche Erwartungen die AEC-Branche an KI hat, lassen unsere Daten folgende Schluss zu:
- KI spielt eine immer wichtigere Rolle in den Workflows von Architekten. Wesentliche Faktoren für den zunehmenden KI-Einsatz sind Experimente und eigenständiges Lernen.
- Designer, die mit KI arbeiten, sind vor allem in frühen Projektphasen mit der Nutzung zufrieden. Einige sehen auch in anderen Bereichen neuartige Einsatzmöglichkeiten.
- Bedenken wurden aufgrund des derzeitigen Mangels an KI-Regulierung und ethischen Richtlinien in der Architektur geäußert.
- Über die Frage, welchen Platz KI in der Architektur einnehmen wird, herrschen unterschiedliche Auffassungen. Die meisten Befragten sehen jedoch einen potenziellen Nutzen von KI für die Branche.
1. Eigenständiges Lernen fördert die KI-Nutzung in der Architektur
Aus unserer Umfrage geht hervor, dass mehr als zwei Drittel der Befragten aktuell KI nutzen oder dies für die nahe Zukunft beabsichtigen. Die Akzeptanz steigt dabei merklich mit der Größe der Unternehmen. Dieses Muster lässt sich bei Firmen bis über 100 Mitarbeiter beobachten, von denen 55 % konstant KI-Tools nutzen.
Interessanterweise nutzen stattliche 60 % der Befragten die KI ohne ordentliche Schulungen und setzen stattdessen auf selbständiges Lernen. Nimmt man diejenigen noch mit dazu, die planen, in Kürze an Schulungen teilzunehmen, steigt diese Zahl sogar auf 78 %.
Darüber hinaus nennt etwa ein Drittel dieser Frühanwender folgende Herausforderungen beim anfänglichen Einsatz von KI-Tools für Architekturprojekte: Probleme bei der Integration, fehlende Zeit zum Testen und Implementieren sowie ein Mangel an geeigneten Schulungsressourcen.
FAZIT: Dieser Trend unterstreicht die Bedeutung von selbstbestimmtem Lernen in der Architektur-Community. Sorgfältige Schulungen könnten die Akzeptanz von KI befördern, aber Architekten machen sich bereits auf den Weg und demonstrieren ihre ihre Lern- und Innovationskompetenzen.
2. Architekten sehen vor allem in frühen Designphasen den Nutzen von KI
Den Umfrageergebnissen zufolge setzen Architekten die KI vornehmlich in frühen Designphasen ein. Dies gilt insbesondere für die Erzeugung von Bildern aus Textvorgaben und für die Bearbeitung von Bildern. Als Grund hierfür werden das hohe Tempo und die Anpassungsfähigkeit bei diesen Anwendungsgebieten genannt. Ein bemerkenswert hoher Anteil von 67 % der Befragten äußerte sich zufrieden mit der Qualität von KI-erzeugten Renderings in diesen ersten Phasen. Die Zufriedenheit nimmt jedoch in den Designphasen, in denen es auf Details ankommt, massiv ab. Nur rund 30 % halten die KI-Renderings als geeignet für die Designentwicklung und spätere Phasen. Meist wird dies mit Problemen bei Präzision und Steuermöglichkeiten begründet.
Die Die Generalplanung entwickelt sich zum gängigsten KI-basierten Service, die in den frühen Konzeptphasen ihre Stärken ausspielt. Der Umfrage zufolge sehen Architekten das größte Potenzial für KI in den Phasen der Konzepterstellung und vor dem Design. Die Nützlichkeit nimmt in der Einschätzung der Befragen ab, je mehr Detailgenauigkeit bei den Projekten erforderlich sei.
FAZIT: Die ersten Designphasen profitieren von der schnellen Visualisierung, die mit KI möglich ist. Sobald die Projekte jedoch Phasen mit einem höheren Detailgrad erreichen, bleibt die Integration in traditionelle Rendering-Tools unerlässlich für präzises Arbeiten.
3. Frühanwender sehen in der KI ein hohes Potenzial
Die Architekturbranche begegnet der KI mit erheblichem Optimismus. 78 % der Befragten glauben, dass KI innerhalb des nächsten Jahres mäßige bis starke Auswirkungen auf das Design haben wird. Die Meinungen variieren recht stark zwischen den verschiedenen Benutzern. Der Anteil der Befragten, der von einem starken Einfluss auf die Branche ausgeht, ist bei aktuellen KI-Nutzern doppelt so hoch wie unter den Personen, die KI nicht nutzen. Während 34 % der Benutzer davon berichten, dass KI ihren Designprozess erheblich beschleunigt hat, stellt die Mehrheit (53 %) nur marginale Verbesserungen fest.
Dieser Wahrnehmungsunterschied ist in Ingenieurbüros besonders ausgeprägt, wo KI einen stärkeren transformativen Einfluss haben kann. Architekten regen Verbesserungen der KI-Tools an – insbesondere in Bezug auf die Steuerung von Output-Bildern und die Möglichkeit, 2D-Bilder in 3D-Modelle umzuwandeln. Es besteht also ein Bedarf an präziseren und vielseitigeren KI-Funktionen.
FAZIT: Die Architektur-Community nutzt gern die Steuerungsmöglichkeiten, die KI bietet, aber es herrscht Konsens, dass es bei der Tool-Entwicklung gegenüber den professionellen Erwartungen noch Nachholbedarf bei Detailgenauigkeit und Steuerung gibt. Mit zunehmender Entwicklung könnte die KI jedoch in allen Phasen des Architekturdesigns unentbehrlich werden.
4. Designer erkunden KI-Nischenanwendungen in der Architektur
Unsere Umfrage zeigt, dass KI nicht bloß auf die Erzeugung von Bildern beschränkt sein muss. Sie kommt auch bei Spezialaufgaben wie der Layout- und Planerstellung, bei Machbarkeitsstudien sowie bei Bauvorschriften und Energieeffizienzanalysen in rund 20 % der Fälle zum Einsatz. Diese Nischenanwendungen sind vornehmlich in größeren Unternehmen zu beobachten. Dort berichten 34 % der Befragten, dass KI ihren Designprozess erheblich beschleunigt hat.
Diese Spezialisierung macht deutlich, dass KI nicht nur die Effizienz steigern kann, sondern auch kreative Workflows und Nachhaltigkeitsbestrebungen im Architekturbereich verbessert. Mehr als die Hälfte der Befragten sehen diese allgemeineren Vorteile, die die wachsende Rolle von KI bei der umfassenden Veränderung der Arbeitsweisen der Architekturbranche deutlich machen.
FAZIT: KI ist in der Architektur nicht mehr nur auf die grundlegende Erzeugung von Bildern beschränkt und findet auch in Spezialgebieten Anwendung. Dabei wird das Potenzial zur deutlichen Beschleunigung und Bereicherung des Designprozesses immer klarer. Diese Weiterentwicklung der KI-Nutzung macht deutlich, wie wichtig eine kontinuierliche Weiterentwicklung ist, damit die speziellen Anforderungen auf dem Gebiet der Architektur erfüllt werden.
5. KI wird sich durchsetzen, muss sich aber noch weiterentwickeln
Der Umfrage zufolge wird der KI ein hohes Veränderungspotenzial in der Branche zugetraut. Wir haben Stjepan Mikulić, Berater bei AI in AEC und früherer Projekt-BIM-Leiter bei BIG, um seine Einschätzung gebeten:
„KI ist für alle zukünftigen AEC-Experten unumgänglich. Laut dem Bericht Der Stand der KI-Nutzung in der Architektur von Chaos und Architizer gehen beeindruckende 86 % der mehr als 1.200 Befragten davon aus, dass KI in der Architektur in Zukunft eine erhebliche Rolle spielen wird. 74 % der Befragten gaben an, dass sie ihre KI-Nutzung vermutlich im nächsten Jahr steigern werden. Eins ist klar: Die AEC-Branche ist sich der Herausforderungen, vor denen wir Tag für Tag stehen, bewusst, und sie hofft, dass sie diese Herausforderungen mithilfe von KI bewältigen kann!“ - Stjepan Mikulić, Gründer und CEO von AI in AEC
Trotz dieses Optimismus verweist mehr als die Hälfte der Befragten auf die aktuellen Beschränkungen, insbesondere die „eingeschränkten Funktionen für die Architektur“, und darauf, dass noch fortschrittlichere KI-Lösungen entwickelt werden müssen.
Interessanterweise nutzen 70 % der Architekten gern KI-erzeugte Designvorschläge. Die Akzeptanz variiert mit der Unternehmensgröße: Bei Firmen mit weniger als 20 oder mehr als 100 Mitarbeitern arbeitet ein höherer Prozentsatz gern mit KI. Dies deutet darauf hin, dass sowohl diese kleineren sowie die größeren Unternehmen sich besser auf neue Technologien einstellen können. Unternehmen mittlerer Größe mit einer Beschäftigtenzahl zwischen 20 und 99 hingegen agieren vorsichtiger, was wahrscheinlich mit speziellen Überlegungen zu Workflows und Kunden zusammenhängt, die bei Unternehmen dieser Größe zum Tragen kommen.
FAZIT: Eine deutliche Mehrheit der Architekten betrachtet das Potenzial von KI positiv. Es gibt daher die allgemeine Erwartung, dass KI bald zum Standard beim Architektur-Design werden kann, wenn sie sich weiterhin unter Berücksichtigung hoher professioneller Standards weiterentwickelt und vorhandene Herausforderungen meistert.
6. Die Bedenken zu den Auswirkungen der KI auf die Arbeitsplätze variieren, aber es gibt eine Übereinkunft über ethische Standards
In dem Maße, in dem die KI den Architekturbereich erobert, steigen auch die Bedenken im Hinblick auf die Auswirkungen auf die Arbeitsplatzsicherheit.
Insgesamt äußern 52 % Bedenken oder große Bedenken darüber, dass die KI die Sicherheit von Arbeitsplätzen in der Architektur-Visualisierung und der AEC-Branche allgemein gefährden könnte. Umgekehrt äußern sich 48 % der Befragten neutral oder nicht besorgt. Das Thema wird also sehr unterschiedlich gesehen.
Die Bedenken sind keine isolierte Meinungsäußerung, sondern stehen im Zusammenhang damit, wie intensiv der Bezug der Befragten zu KI-Technologie ist. Diejenigen, die KI aktiv nutzen, zeigen sich unterschiedlich stark besorgt im Vergleich zu denjenigen, die noch nicht damit arbeiten. Das legt den Schluss nahe, dass Vertrautheit mit KI Ängste vor den Auswirkungen auf das Umfeld abbauen oder verstärken kann.
Trotz dieser Bedenken ist sich eine deutliche Mehrheit (74 %) einig, dass die Nutzung von KI in der Architektur ethischen Leitlinien unterworfen sein sollte. Dieser Konsens macht deutlich, dass es Branchenstandards zur Regelung von geistigem Eigentum, Qualitätssicherung und Transparenz bei KI-Anwendungen braucht.
FAZIT: Die Architektur-Community ist sich des Veränderungspotenzials der KI und der damit verbundenen Herausforderungen bewusst. In dem Maße, in dem diese Veränderungen in den Arbeitsalltag einfließen, steigt die Notwendigkeit, dass die KI-Integration in die Architektur zur Unterstützung statt zum Ersatz der Mitarbeiter wird. Dieser kontinuierliche Dialog dürfte bestimmen, welche Rolle die KI in der Branche in Zukunft haben wird und welche Balance zwischen Innovation und Arbeitsplatzsicherheit gefunden wird.
Möchten Sie mehr über diese Trends erfahren? Sehen Sie sich den Bericht von Architizer und Chaos im Detail mit allen Statistiken und Erkenntnissen an.
Überblick
Insgesamt hat die Umfrage gezeigt, dass KI in der Architektur immer wichtiger wird. Die meisten Experten sind sich einig, dass KI in den ersten Phasen der Designarbeit und bei der Optimierung detaillierter Aufgaben hilfreich ist.
Über die Frage, wie sich die KI auf die Arbeitsplätze auswirkt, gehen die Meinungen auseinander. Viele sind sich jedoch darin einig, dass es Regeln braucht, damit die KI den Berufsstand unterstützt.
Diese Mischung aus Begeisterung und Vorsicht zeigt, dass die Architektur-Community dazu bereit ist, KI intensiver einzusetzen und neue Technologie stärker in etablierte Praktiken zu integrieren.