3D printed house by Lake|Flato
Gemma Da Silva

Gemma Da Silva

Zuletzt aktualisiert: Januar 05, 2022  •  7 Min. Lesezeit

3D-gedruckte Architektur: Schnelleres Planen und Bauen mit neuer Technologie

Der 3D-Druck hat sich seit seiner Einführung in den 1980er-Jahren erheblich verbessert und wird heute in zahlreichen Branchen eingesetzt, um unterschiedliche Bedürfnisse zu erfüllen und reale Probleme zu lösen.

Die Architektur stellt in dieser Hinsicht keine Ausnahme dar. Dank der starken Weiterentwicklung der Technologie und der Drucktechniken in den letzten Jahren konnten Architekten die Vorteile dieses revolutionären Bauverfahrens zunehmend nutzen.

In diesem Artikel gehen wir darauf ein, warum 3D-gedruckte Architektur immer beliebter wird und wie Real-Time Rendering in den Designprozess integriert wird.

Warum ist Architektur aus dem 3D-Drucker im Aufwind?

Laut der Marktanalyse von Grand View Research vom Juli 2021 soll der weltweite 3D-Baumarkt bis 2028 um 91 % wachsen.

Zu den wichtigsten Wachstumsfaktoren des Marktes gehört die zunehmende Verbreitung von ökologischen Bauprojekten. Bauunternehmen setzen zunehmend auf 3D-Druck und umweltfreundliche Bauverfahren, um die Baukosten zu senken und energieeffiziente Gebäude bauen zu können.

Grand View Research, Juli 2021, Marktanalyse

 

Grand View Research stellt außerdem fest, dass „die 3D-Druck-Technologie eine hohe Genauigkeit, höhere Effizienz, geringere Arbeitskosten und eine höhere Baugeschwindigkeit mit sich bringt“.

Ein Land hat die Vorteile des 3D-Drucks besonders schnell erkannt: die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Die VAE haben bereits eine Strategie erarbeitet, mit der sie sich als Vorreiter bei der Einführung des 3D-Drucks positionieren werden. Das Land hat sich das Ziel gesetzt, bis 2030 25 % der Gebäude in Dubai mit 3D-Druck-Technologie zu bauen.

Und auch in Europa und den USA kann ein Anstieg der Zahl der 3D-gedruckten Projekte beobachtet werden. Die PERI GmbH hat im November 2020 in Deutschland mit den Arbeiten am größten gedruckten Mehrfamilienhaus Europas begonnen, nur zwei Monate nach dem Druck des ersten deutschen Wohnhauses (das inzwischen vom Rat für Formgebung mit dem German Innovation Award ausgezeichnet wurde). Und in den USA gibt es bereits gedruckte Wohnhäuser zum Verkauf sowie andere Initiativen von Unternehmen wie SQ4D und ICON.


Da der 3D-Druck eine effiziente Lösung für viele Herausforderungen der weltweiten AEC-Industrie darstellt – wie z. B. erschwinglicher Wohnraum, Unterkünfte für Katastrophenregionen und nachhaltiges Bauen –, ist sicherlich von einer Zunahme der Projekte auszugehen.

3 Vorteile der 3D-Druck-Architektur

Schauen wir uns jetzt ein paar Vorteile des 3D-Drucks in der Architekturbranche genauer an.

Geringere Baukosten

Beim 3D-Druck sind die Baukosten niedriger als bei den herkömmlichen Bauverfahren. Zu den Gründen gehören der geringere Bedarf an Energie und Arbeitskräften, aber auch die effiziente Nutzung von Materialien. Das Verfahren ermöglicht eine genaue Berechnung der benötigten Materialmenge, was zu weniger Abfall und niedrigeren Baukosten führt.

Unternehmen wie die US-amerikanische Firma ICON bauen bereits 3D-gedruckte Häuser mit höherer Geschwindigkeit und geringeren Kosten. Die Bereitstellung von Wohnraum für Bedürftige sowie für Menschen, die nach erschwinglichen Unterkünften suchen, wird dank der technologischen Entwicklung des 3D-Drucks nun zur Realität.

ICON_3D-PrintedHomes_CommunityFirstVillage_AustinTX_ForHomeless_March2020_PhotoCredit_ReganMortonPhotography-1Bild mit freundlicher Genehmigung von ICON: 3D-gedruckte Häuser für Obdachlose in Austin, Texas, USA

Nachhaltiges Bauen

Ein weiterer Vorteil des 3D-Drucks im Bau ist dessen Umweltfreundlichkeit. Beton kommt häufig als Standardbaumaterial zum Einsatz, aber bereits heute experimentieren 3D-Druck-Unternehmen mit nachhaltigeren Optionen wie Lehm, biologisch abbaubarem Bambus und recycelbaren Thermoplasten.

Ein Unternehmen, das genau in diesem Bereich tätig ist, ist der 3D-Druck-Spezialist WASP, der mit dem italienischen Unternehmen Mario Cucinella Architects (MCA) zusammenarbeitet. Kürzlich haben sie das Projekt TECLA fertiggestellt, ein ökologisch nachhaltiges 3D-gedrucktes Haus, das aus wiederverwendbaren und recycelbaren Materialien gebaut wurde.

Gemeinsam mit WASP wollen wir einen innovativen 3D-gedruckten Prototyp für einen Lebensraum entwickeln, der zur immer dringlicheren Klimawende beiträgt und auf die Veränderungen eingeht, die sich aus den Bedürfnissen der Menschen ableiten. Wir brauchen einen Paradigmenwechsel in der Architektur, der die Bedürfnisse der Menschen stärker berücksichtigt und so eine Antwort für die „Erde“ innerhalb der „Erde“ findet. Eine Zusammenarbeit, in der sich einfühlsame Architektur und die Anwendung neuer Technologien vereinen.

Mario Cucinella, Architekt und Eigentümer von Mario Cucinella Architects

 
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Bild mit freundlicher Genehmigung von WASP: TECLA: 3D-gedrucktes, nachhaltiges Haus von WASP und Marcio Cucinella Architects

Schnelleres Bauen

Ein weiterer großer Vorteil des 3D-Drucks ist die Schnelligkeit der Bauarbeiten. Mit herkömmlichen Bauverfahren wird an einem Haus monatelang gebaut – mit 3D-Druck ist das Gebäude in wenigen Tagen fertig. So wurde beispielsweise YHNOVA, ein 95 m2 großes Projekt in Frankreich von Batiprint3D und der Universität Nantes sowie anderen Partnern, in nur 54 Stunden gedruckt. Auch

Mighty Buildings gelang es, ein Gebäude in nur 24 Stunden zu drucken (mehr dazu unten). Indem die Firma in ihrer Produktionsstätte statt auf der Baustelle druckt und ein spezielles Verbundmaterial namens Light Stone Material verwendet, das unter UV-Licht schnell aushärtet, kann sie vergleichsweise schnell bauen. 


Schnelles Drucken hilft nicht nur, die Baukosten niedrig zu halten, sondern bietet den Ländern auch die Möglichkeit, bei Bedarf schneller zu bauen – etwa um der Nachfrage nach erschwinglichem Wohnraum gerecht zu werden oder beim Bau von Notunterkünften in katastrophengefährdeten Gebieten.

Architekten, die auf 3D-Druck setzen

Wie wir bereits von der MCA-Partnerschaft mit WASP in Italien erfahren haben, arbeiten bereits einige Architekturbüros mit Spezialisten für Drucktechnologie zusammen. Gemeinsam verschieben sie die Grenzen von Design und Bau.

Zu diesen Firmen gehört das preisgekrönte US-Unternehmen Lake|Flato. Erst kürzlich begannen sie gemeinsam mit ICON zu erforschen, wie die Vorteile des 3D-Drucks für Umwelt, Architektur und Bauwesen maximiert werden können. Das Ergebnis dieser Kooperation ist „House Zero“, ein energieeffizientes, praktisches und widerstandsfähiges Haus mit 3 Schlafzimmern und 185 Quadratmetern Wohnfläche in Austin, Texas. House Zero wird mit dem ICON-eigenen Vulcan-Drucker der nächsten Generation gebaut. Mit dieser Technologie lassen sich größere Gebäude (bis zu 280 Quadratmeter) schneller als mit den bisherigen Verfahren drucken.

Mit House Zero hat Lake|Flato das ethische Konzept eines auf Mensch und Natur ausgerichteten Designs in einen völlig neuen Rahmen gesetzt. Für unser Team war es eine aufregende Aufgabe, dieses Haus der Zukunft zu entwerfen und neue Möglichkeiten zu erkunden, hochleistungsfähige Gebäude zu errichten, die die Handwerkskunst feiern, eine höhere Effizienz anstreben und Schritte im Bauprozess einsparen. Dieses einladende, praktische Baudesign erweitert die Leistungsfähigkeit der 3D-Druck-Technologie und unterscheidet sich von allen anderen Häusern, die wir bisher entworfen haben.

Ashley Heeren, Associate, Lake|Flato

 
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Bild mit freundlicher Genehmigung von Lake|Flato: Rendering von „House Zero“ von Lake|Flato und ICON

Rendering-Technologie als Unterstützung für das Design

Auch das kalifornische Architekturbüro Ehrlich Yanai Rhee Chaney Architects beschäftigt sich mit dieser relativ neuen Art des Bauens. EYRC hat in Zusammenarbeit mit Mighty Buildings, einem ebenfalls in Kalifornien ansässigen Unternehmen für Bautechnologie, ein Einfamilienhaus und eine zusätzliche Wohneinheit (ADU) entworfen und gedruckt.

Zur Unterstützung bei der Planung des Projekts setzt EYRC die Real-Time-Rendering-Technologie von Enscape ein. Über das Projekt haben wir mit Jessica Chang, Associate/Digital Practice Lead bei EYRC, und Ji Won Nam, Project Manager, gesprochen.

„Mighty House, das von EYRC Architects entworfene Einfamilienhaus samt Wohneinheit, setzt zusammen mit Mighty Buildings auf 3D-Druck-Technologie, um ein erschwingliches, modulares Nullenergiehaus zu schaffen. Die Produktlinie umfasst Häuser in verschiedenen Größen zwischen 80 und 135 Quadratmetern. Hierfür wird das „Mighty Kit System“ eingesetzt. Das System besteht aus einem Satz von Bauteilen wie 3D-gedruckten Paneelen, Glaspaneelen, einem vorgefertigten Badezimmer, einer vollständigen Küche und allen Innenausstattungselementen, die vor Ort geliefert und montiert werden“, erklärt Ji Won Nam.

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Bild mit freundlicher Genehmigung von EYRC und Mighty House: Das „Mighty House Single Family Home und ADU“, Design von EYRC Architects

„Schon früh im Prozess konnten wir dank Enscape dem Team von Mighty Buildings unsere Designabsicht vorstellen. Als wir beispielsweise mehrere gestreifte 3D-Druck-Texturen für das Hüllmaterial entwickelten, hätten wir ohne die Enscape-Renderings die Schatteneffekte der unterschiedlichen Optionen kaum vergleichen können. Enscape haben wir auch dafür verwendet, MEP-Elemente zu koordinieren, Materialübergänge zu visualisieren und Bereiche zu lokalisieren, bei denen besondere Aufmerksamkeit und Detailarbeit erforderlich sind.“

„Ein ganz besonderer Aspekt des Mighty-House-Projekts für EYRC ist, dass der endgültige Standort unbekannt ist. Mit Enscape haben wir Renderings des Hauses in verschiedenen Landschaftsumgebungen erstellt, damit sich potenzielle Kunden die zusätzliche Wohneinheit in ihrem eigenen Garten vorstellen können. Dank der Horizont-Einstellungen und der Asset-Library von Enscape konnten wir Szenen in einem Wald, in der Wüste und am Meer erstellen“, erklärt Jessica Chang.

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Bild mit freundlicher Genehmigung von EYRC und Mighty House: Das „Mighty House Single Family Home und ADU“, Design von EYRC Architects

Ji Won Nam beschreibt die jüngste Projektphase: „Wir arbeiten derzeit mit Mighty Buildings an einem Vorführmodell in Originalgröße in ihrem Hauptsitz in Oakland, Kalifornien. Die Abmessungen der Verbindungen, die Befestigungspunkte und die Verkleidung werden noch optimiert, um einen einfachen Transport und Einbau zu gewährleisten. Die Spezifikationen für die Oberflächenbearbeitung werden aktualisiert, um sicherzustellen, dass es keine Probleme mit der Beschaffung oder den Lieferzeiten gibt.“

„Mit Enscape können wir diese Aktualisierungen leicht vornehmen und die Änderung visualisieren, bevor wir sie mit dem Kunden abstimmen. Enscape hat erheblich dazu beigetragen, unsere Kundenkommunikation zu verbessern. Die Anwendung war außerdem ein äußerst nützliches Arbeitstool – mit den klaren Real-Time-Visualisierungen sind wir jetzt in der Lage, Aktualisierungen des Designs zu validieren und schnelle Entscheidungen zu treffen.“

Die Zukunft ist bereits da

Als der 3D-Druck vor 30 Jahren erstmals in Erscheinung trat, war die Vorstellung, eines Tages in einem 3D-bedruckten Haus zu leben, nahezu unvorstellbar. Aber solche Projekte sind heute schon Realität – überall auf der Welt entstehen Wohnhäuser und Gewerbegebauten.

Mit der Kombination dieser revolutionären Technologie mit Real-Time Rendering hat die AEC-Branche die Möglichkeit, die Grenzen von Design, Technik und Bau zu verschieben und Lösungen für viele der Herausforderungen zu entwickeln, vor denen die Architekturbranche und die Welt derzeit stehen. 

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Gemma Da Silva
Gemma Da Silva

Gemma ist für den Enscape-Blog verantwortlich. Zu ihren Aufgaben gehört es, lehrreiche und inspirierende Geschichten mit unseren Lesern zu teilen. Wenn Sie mitwirken und einen Blogbeitrag verfassen möchten, wenden Sie sich an Gemma: g.dasilva@enscape3d.com